Der deutsche Kraftmensch Luther
Das Drama Martin Luther, oder Die Weihe der Kraft von Friedrich Ludwig Zacharias Werner (1768–1823) wurde 1806 uraufgeführt. Der Verpflichtung auf den eigenen Glauben folgend erlaubt sich Werner die dichterische Freiheit, den historischen Stoff ohne unbedingte Quellentreue zu gestalten.
Das umfangreiche fünfaktige Drama umspannt die historischen Ereignisse von der Verbrennung der Bannbulle über den Reichstag zu Worms bis zur Heirat Luthers mit Katharina von Bora. Im Zentrum steht – wie in vielen anderen Lutherdramen auch – der Gang des Reformators nach Worms. Bestimmend flankiert wird dieses historisch verbürgte Ereignis jedoch von der ausufernd fabulierten Liebesgeschichte um Katharina von Bora und Martin Luther, die vor allem die weibliche Protagonistin als redens- und willensstarke Figur deutlich akzentuiert. Entsprechend zeigt auch das Frontispiz nach einer Idee von Franz Ludwig Catel (1778–1856) die beiden Eheleute – Katharina schon mit Haube – Hand in Hand. Werner modelliert Katharina als Charakter mit großer emotionaler Wandelbarkeit, glaubensstark und präsent. Luther wird als deutsche Identifikationsfigur aufgestellt. Seine Heroisierung wird ins Überkonfessionelle gesteigert und Luther so einem deutsch-nationalen Geschichtsbewusstsein zugesprochen. Werner schrieb sein Lutherdrama in der Zeit der napoleonischen Besatzung. Entsprechend finden sich zahlreiche zeitgenössischen Analogien. Werner stilisiert Luther zur Leitfigur nationaler Erhebung. Ritterstand und Glaubensgemeinschaft werden jenseits eines Willens zum Dokumentarismus in einem nationalmythisch überformten Gemenge miteinander verbunden.