Martin Luther Siebenkopf

Luther, das Monster

Martin Luther als vielköpfiges Monstrum: Anfang 1529, nachdem er im Vorjahr zum Kaplan nach Dresden an den Hof des antilutherischen Herzogs Georg von Sachsen berufen worden war, veröffentlichte der Luther-Gegner Johannes Cochlaeus (1479–1552) die Sieben Köpffe Martini Luthers. Der Holzschnitt von Hans Brosamer (ca. 1500–1552) auf dem Titelblatt zeigt einen mächtigen Körper in gegürtetem Wams – die Hände vor dem Bauch ein aufgeschlagenes Buch haltend –, auf dem sieben unterproportional kleine Köpfe sitzen. Keiner von ihnen hat eine physiognomische Ähnlichkeit mit Luther. Beischriften erläutern aber den Sinnbezug. Wir sehen z.B. einen „Doctor“ mit Doktorhut, in Anspielung auf den Doktor der Theologie der Universität Wittenberg, dann einen „Martinus“ mit Mönchskapuze als eine Erinnerung an den Augustinereremiten Luther; schließlich einen Kopf mit wildem Haar und Streitkeule, der Barrabas zugeordnet ist, dem Verbrecher, der an Christus’ Stelle von Pilatus freigelassen wurde – ein wilder Mann und Aufwiegler, der „mit der keuln dran will“ und die Bauern zum Aufstand aufpeitscht. Der Holzschnitt Brosamers ist eng auf den Inhalt des Buches abgestimmt. Cochlaeus präsentiert Luther als einen sich selbst widersprechenden, wankelmütigen Aufrührer.