Luther, der Antisemit
Luthers Schrift Von den Juden und ihren Lügen von 1543 kann heute als eine der berühmt-berüchtigtsten, gleichwohl weithin unstudierten Texte des Reformators gelten. Luther betonte in der Schrift nachdrücklich, dass er eine Austreibung der Juden wie in Frankreich, England oder Spanien für die angemessenste Lösung hielt. Die jüdischen Kulträume (Synagogen) sollten seinen Empfehlungen zufolge verbrannt, auch die jüdische Literatur unter Einschluss des hebräischen Alten Testaments vernichtet, Zwangsarbeit eingeführt, der Wucher verboten werden. Seit dem späten 17. Jahrhunderts stieß Luthers Schrift Von den Juden und ihren Lügen weithin auf Ablehnung. Dass Luthers fatale, von irrationalen Ängsten und protorassistischen Ressentiments bestimmte Urteile über die Juden im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert dazu beitrugen, antisemitische Ideologie auch in protestantischen Milieus hoffähig zu machen, dürfte nicht zu bestreiten sein.
Die aktuelle Dämonisierung des Judenfeindes Luther stellt die spiegelbildliche Inversion der die Wertung seiner Person seit dem 16. Jahrhundert begleitenden Monumentalisierung und Heroisierung dar. Mit Von den Juden und ihren Lügen wollte Luther offenbar als entschiedener Judenfeind im Gedächtnis bleiben.