Wie die Jesuiten eine Komödie zu Molsheim agiert und [...] Luther durch einen Teufel zerreissen wollen

Das Wunder von Molsheim

Was geschah im Juli des Jahres 1614 im elsässischen Jesuitenkolleg Molsheim? Eine vermutlich wenig später gedruckte Flugschrift kolportiert eine merkwürdige Theaterbegebenheit. So soll das „Wunder von Molsheim“ darin bestanden haben, dass bei einer Aufführung im dortigen Jesuitenkolleg, einem bedeutenden Zentrum der Gegenreformation, nicht Luther – wie in der Komödie vorgesehen – als Höhepunkt eines Theaterspektakels von Teufeln zerrissen wurde, sondern dass „mit grossem Geschrey“ ein dreizehnter Teufel erschien, der einen der Teufel „in Angesicht des Volcks zu stücken [zerreißt]/“.
Hat es diese misslungene Aufführung respektive die zur Aufführung gebrachte Komödie tatsächlich gegeben? Vermutlich handelt es sich viel eher um eine protestantische Flugschrift wider die Jesuiten, die deren aggressive Diffamierungs- und Verteufelungsversuche Luthers mit deren eigenen Mitteln zu schlagen versucht. Die Jahre rund um das erste Jubeljahr 1617 waren im straßburgischen Raum von reformatorischer wie gegenreformatorischer Propaganda geprägt.
Teufel hatten als Antagonisten im geistlichen Drama zudem Konjunktur. Bemerkenswert ist, dass die geschilderte Lutherfigur in der Schilderung der vermeintlichen Aufführung in teuflischer Verkehrung selbst als Judas unter die Teufel rückt. Luthers Lebenswerk wird unter Generalverdacht gestellt, ihm einen Aufenthalt in der Hölle zu garantieren. Eine weitere Zuspitzung erfährt dies, indem die Versammlung aller Teufel den Reformator nicht in den eigenen Reihen dulden will. Luther wird damit gleichermaßen aus dem christlichen Heils- wie Höllenversprechen ausgeschlossen.