Lucas Cranach und die ,Erfindung' des Lutherporträts
Das kleinformatige Bildnis Luthers aus der Werkstatt Lucas Cranachs d. Ä. (um 1472–1553) gehörte wie sein Pendant, das Porträt von Luthers Gemahlin Katharina von Bora, im frühen 19. Jahrhundert zu den Sehenswürdigkeiten der Wolfenbütteler Bibliothek.
Die Bildnisse sind Teil einer Serienproduktion, die etwa 1525–1528, nach der Eheschließung der Dargestellten, unter Umständen mit Hilfe von Schablonen und Lochpausen in der Cranach-Werkstatt angefertigt wurden.
Die hohe Qualität der Darstellung bürgt dafür, dass Cranach d. Ä. die Gesichtspartien bei den vorliegenden Exemplaren noch in größerem Maße selbst ausführte. Die Ikonizität der von Cranach geschaffenen Bildnistypen des Reformators gewährleistete ihre Nutzung über die zur Entstehungszeit intendierten Funktionszusammenhänge hinaus. Die durch den Porträttyp des Ehebildnisses suggerierte Nähe des Betrachters zum Dargestellten und die dadurch konstruierte ‚Privatheit‘ hat Anteil an dem über die Jahrhunderte andauernden Erfolg von Cranachs Lutherbildnissen. Hier gelingt es, den eigentlich ‚privaten‘ Bildnistypus der Eheleute in eine ikonische, öffentliche Form zu überführen.