Versammelte sich die Familie Martin Luthers am Weihnachtsabend 1536 wie dargestellt unterm Christbaum? Das Bild, das auf einen Stahlstich des Weimarer Hofkupferstechers Carl August Schwerdgeburth (1785–1878) von 1843 zurückgeht, führt eine solche Situation vor Augen. Schwerdgeburth hat zwischen 1843 und 1862 sieben weitere Momentaufnahmen aus dem Leben Luthers geschaffen und daraus eine thematisch zusammengehörige Serie geformt. Sogenannte „Lutherlebenillustrationen“, zu denen Schwerdgeburths Grafik zählt, gibt es spätestens seit 1700.
Hier tritt Luther als frommer Familienvater auf, der in trauter Runde in einer Atmosphäre bürgerlicher Gediegenheit seinen Platz einnimmt und für musikalische Begleitung sorgt. Der Christbaum findet sich jedoch erst ab 1642 als Weihnachtsdekor in Privathaushalten. Der Stich zeigt Luther im Zeichen des Biedermeier, insofern als der Rückzug ins Private propagiert und das Kleinfamilienidyll betont wird. Hausmusik, Wohninterieur und einer gutbürgerlichen Haushaltung werden große Bedeutung beigemessen.